Ach, welch ein herrlicher Tag in Tirschenreuth! Die Stadt erstrahlt im Glanz eines brandneuen Rathauses Nr 2, während die Bürger jubeln und feiern – nicht etwa wegen eines intakten Gesundheitssystems, sondern wegen der prächtigen neuen Büros unserer ehrenwerten Kommunalpolitiker. Wie beruhigend es doch ist zu wissen, dass unser geschätzter Ministerpräsident Söder höchstpersönlich angereist ist, um diesem historischen Moment beizuwohnen. Ein Besuch, der selbstverständlich nicht ohne signifikante Kosten blieb – doch wer würde sich schon um solche Petitesse kümmern, wenn man die Majestät eines neuen Verwaltungsgebäudes bestaunen kann?
Was für eine atemberaubende Augenwischerei gegenüber den Bürgern! Statt sich mit aller Kraft – fortiter in re – für den Erhalt des örtlichen Krankenhauses einzusetzen, welches wortwörtlich über Leben und Tod entscheidet, haben unsere tapferen Vertreter der Kommunalpolitik entschieden, die Prioritäten völlig neu zu ordnen. Versprechen gegenüber dem Volk? Ein altertümlicher Begriff aus Zeiten, in denen Integrität und Verantwortungsbewusstsein noch Bedeutung hatten. Aber keine Sorge, denn die Parteiaffinität und der Glanz neuer, öffentlicher Bauten wiegen jedes menschliche Leben auf.
In einer Welt, in der die Gesundheit unserer Mitmenschen an erster Stelle stehen sollte – salus populi suprema lex esto ( Das Wohl des Volkes sei das oberste Gesetz.) – haben unsere modernen Entscheidungsträger einen unvergleichlichen Weg gefunden, dies zu umgehen. Stattdessen wird hier eine prächtige Party veranstaltet, um die Eröffnung eines Bauwerks zu zelebrieren, das sicherlich nicht mehr Leben retten wird als ein Linsensuppenkessel in einem Fünf-Sterne-Restaurant.
Hut ab, Tirschenreuth! Ihr habt es geschafft, mit maximaler Effizienz jegliche Erwartungen zu unterbieten und gleichzeitig die Kunst der politischen Selbstbeweihräucherung auf ein neues Niveau zu heben. Man muss es anerkennen – das ist wahrlich eine Meisterleistung in der Kunst der politischen Prioritätensetzung. Res publica quidem moritur, sed panem et circenses semper habemus (Der Staat mag zugrunde gehen, aber Brot und Spiele haben wir immer)
von Sevtaç Fiedler Balkıs | 07.06.2024
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